Obliterative Text Ontology – Foundational Text
Obliterative Textontologie Einführung in die Theorie palimpsestischer Cluster und textinterner Suprazyklen
© Thomas Glavinic 2017-2022
I: Der instabile Textkörper
Ein literarisches Werk besteht nicht ausschließlich aus den Sätzen, die der Autor niederschreibt. Es ist vielmehr von einer unsichtbaren Peripherie umgeben, bestehend aus alternativen Formulierungen, ausgelassenen Passagen und potenziellen Abschnitten, die unter bestimmten Bedingungen in das Werk vordringen können. Diese subtextuellen Einheiten besitzen einen eigenen Status innerhalb des Werkganzen, sie sind Optionen innerhalb eines instabilen Textkörpers.
Was wir lesen, ist eine Momentaufnahme innerhalb eines dynamischen, hochdimensionalen Gefüges. Jeder Text, ob fragmentarisch oder abgeschlossen, operiert innerhalb eines Wechselraums, den wir als palimpsestischen Cluster bezeichnen. In diesen Clustern überlagern sich Fassungen, Formulierungen und nicht-manifestierte Optionen, ohne in Konkurrenz zu treten. Sie sind ontologische Schichten, die in bestimmten Lesesituationen zueinander in Beziehung treten können.
In der herkömmlichen Rezeption gilt der Text als Objekt. Wir betrachten ihn als Zustand innerhalb eines übergeordneten Zyklus. In Anlehnung an topologische Modelle verstehen wir diese Zyklen als Suprazyklen – große Umlaufbahnen durch den Möglichkeitsraum eines Werks, in denen sich einzelne Cluster aktivieren, modifizieren, tilgen, wobei die Tilgung eine temporäre Unsichtbarkeit innerhalb des Systems darstellt. Die Theorie trägt ihren Namen aus genau diesem Mechanismus: Obliteration meint die reversible Ausblendung zugunsten einer anderen Manifestationseinheit.
Die Theorie wirft eine Reihe ontologischer Fragen auf:
- Sieht der Autor die Peripherie? Nein.
- Schreibt er sie, ohne es zu wissen? Ja – und nein. Er generiert sie, indem er schreibt, aber ohne Zugriff auf ihre innere Organisation.
- Ist sie zufällig oder determiniert? Weder noch. Sie ist modal: Sie entfaltet sich aus der Textsubstanz als Konsequenz ihrer internen Konnektivität.
Alles, was wir berühren, sehen, erfinden, erdenken, hat eine unsichtbare Peripherie. Dies gilt nicht nur für Texte, sondern auch für Gegenstände, Ereignisse, Konzepte. Und es gilt auch für uns.
Wenn sich literarische Werke als dynamische Felder aus manifestem Text und nichtmanifestem Potenzial beschreiben lassen, dann lässt sich auch die Wirklichkeit selbst als Textstruktur verstehen, nur eben in unendlicher Komplexität skaliert. Unsere Realität wäre in diesem Sinne ein Roman, dessen Abschnitte sich verschieben, tilgen, neu formatieren, ohne dass seine Leser – wir – dies unmittelbar bemerken.
Die Obliterative Textontologie ist daher mehr als eine Literaturtheorie. Sie liefert ein Modell für eine Realität, in der jedes Ding, jedes Ereignis und jeder Gedanke eine rückkoppelnde Zone möglicher Modifikationen mitführt. Diese Zone ist weder willkürlich noch hermetisch, sie ist aktiv, selektiv, kontingent. Was heute „wahr“ erscheint, könnte sich morgen als alternative Passage innerhalb eines größeren Textes erweisen.
II: Textverdrängung, Kohärenzbruch, Emergenz
Über die Mechanismen temporaler Tilgung und ihrer Rücknahme im Lesefluss
Die unterschiedlichen Meinungen darüber, ob ein Roman „gut“ ist oder „schlecht“, geben seit Jahrhunderten Anlass zu erbitterten Diskussionen. Die Obliterative Textontologie beendet dieses Gezänk, indem sie dem Text Gelegenheit gibt, seine Natur zu offenbaren. Ein Text, der sich mit sich selbst begnügt, bleibt statisch. Ein Text, der in permanenter Bereitschaft zur Veränderung steht, bringt eine neue Form von Lesebewegung hervor.
Die klassische Vorstellung vom Lesen als linearem Fortschreiten durch einen festgelegten Wortkörper greift hier nicht mehr. Stattdessen begegnen wir einem Feld partieller Instabilität, in dem sich Abschnitte verschieben, auflösen oder durch Varianten überlagert werden, ohne sichtbare Spur zu hinterlassen.
Diese Form der Tilgung ist eine temporäre Ausblendung, keine Löschung. Was nicht erscheint, bleibt dennoch als latentes Angebot, als verdrängter Zugriff, als unsichtbare Alternative präsent. Der Leser glaubt, sich durch einen stabilen Text zu bewegen, aber in Wahrheit befindet er sich innerhalb eines Möglichkeitsraums, der sich seit der ersten Niederschrift schon oft neu konfiguriert haben könnte.
In Werken der Trivialliteratur stößt man häufig auf Stellen, an denen die narrative Kohärenz kurzzeitig einbricht, wo etwa eine Figur ein Wissen besitzt, das ihr nicht vermittelt wurde, wo ein Ereignis an einem Ort geschieht, der zuvor nicht eingeführt wurde, oder wo sich Perspektiven verschieben, ohne markiert zu werden. In der Regel sind solche Brüche handwerkliche Fehler unerfahrener Autoren. Hat man es jedoch mit einem „guten“ Roman zu tun, sind sie Ausdruck einer tieferen Dynamik: Der Text ringt mit seiner unsichtbaren Umgebung. Eine verdrängte Variante schiebt sich an die Oberfläche und verursacht eine minimale Irritation, deren Ursprung nicht klar auszumachen ist.
In genau diesen Momenten entstehen emergente Effekte. Das Werk zeigt, dass es nicht abgeschlossen ist, dass es Teil eines größeren Systems ist, dessen Regeln nicht vollständig offenliegen. Die Rezeption wird dadurch zu einem dialektischen Prozess zwischen Sichtbarem und Verdrängtem, zwischen gesetztem Wort und möglicher Revision. Die obliterative Textontologie geht davon aus, dass genau in diesen Momente, in denen etwas fehlt, zu viel ist oder nicht stimmt, die eigentliche Realität des Textes aufscheint. Es sind die Schwellenstellen, an denen sich der Kontakt zum Außenraum verdichtet. Nicht der geschlossene Sinn macht den Text real, sondern die Öffnung, durch die andere Zustände hereintreten können.
III: Die Textontologie als Modell kosmischer Komplexität
Wer die obliterative Textontologie ernst nimmt, gelangt unweigerlich zur Frage nach dem Status unserer Wirklichkeit. Denn wenn ein literarisches Werk nicht in seinen sichtbaren Bestandteilen aufgeht, sondern von einem Schwarm aus unsichtbaren Alternativen begleitet wird, drängt sich der Gedanke auf, dass auch die Welt selbst ein solcher Körper sein könnte – ein Wirklichkeitsroman, dessen Text nicht aufhört, sich zu falten, zu überlagern, zu überschreiben.
In diesem Modell erscheint das Universum als ein Medium der Offenheit, das nie abgeschlossen ist. Jeder Gegenstand, jedes Ereignis, jede Beobachtung wird begleitet von einem kaum abschätzbaren Geflecht möglicher Versionen, deren Realisierung durch Zustandslagen entschieden wird, die sich dem Zugriff entziehen. Die Welt wäre ein palimpsestisches Kontinuum, ein sich unablässig wandelndes Manuskript, in dem jede Seite Teil eines Suprazyklus ist, dessen Gesamtform außerhalb menschlicher Erkenntnis liegt.
Ein Werk, das sich diesem Prinzip annähert, nähert sich zugleich der Welt selbst. Es verweigert sich der Idee der Fixierung und öffnet sich für Überlagerung, Auslassung, Wiederkehr. Texte dieser Art sind lebendige Aggregate, in denen sich Gegenwart und Möglichkeit gegenseitig aufheben.
IV: Suprazyklen, Peripherie und Text als Weltmodell
Ein literarisches Werk ist kein Gegenstand im Raum, kein abgeschlossenes Dokument mit klarer Form, keine „Geschichte“, es ist ein Zustand in Bewegung. Was als Text erscheint, ist lediglich die sichtbare Ausfaltung eines weit größeren Apparats, dessen eigentliche Dimensionen außerhalb der Druckfassung liegen. Dieser Apparat besteht aus palimpsestischen Clustern, aus latenten Varianten, versunkenen Passagen und nie aktivierten Formulierungen, die dennoch zum Werk gehören – als Möglichkeit, als Echo, als unsichtbare Bedingung des Gelesenen.
Diese unsichtbare Peripherie zirkuliert um das Werk in wechselnden Aggregatzuständen. Manchmal zeigt sie sich als subtile Irritation, manchmal als abrupte Verschiebung, gelegentlich auch als Moment, in dem ein Satz oder ein ganzer Absatz neu erscheint, ohne dass dies konventionell (etwa durch eine Neuauflage) erklärbar wäre.
Wir könnten uns damit mit der Hypothese zufriedengeben, dass das, was sich verändert, nur die Anordnung des Textes im mentalen Raum des Lesers ist und nicht der Text selbst, denn das ist die bequemere Interpretation. Oder wir räumen die Möglichkeit ein, dass das Werk einen eigenen Zugriff auf seine Erscheinung hat.
Die obliterative Theorie geht davon aus, dass diese Bewegungen keine bloßen Nebeneffekte sind, sondern zentrale Komponenten eines Textverständnisses, das sich nicht mehr an Endfassungen orientiert. Der Text ist kein fertiges Produkt, sondern ein fluktuierendes System von Sichtbarkeit, ein lebendiger Prozess zwischen Anrufung und Rücknahme, zwischen Erscheinung und Rückzug. Die sogenannten Suprazyklen beschreiben genau diesen Vorgang: ein ständiges Kreisen durch mögliche Textfassungen, in dem sich einzelne Konfigurationen für einen Moment durchsetzen, bevor sie wieder von der Peripherie verschluckt werden.
Solche Zyklen folgen keiner äußeren Absicht. Sie entstehen aus innerer Verdichtung, aus dem Verhältnis zwischen Satzfeldern und Lesebewegung, zwischen Lesegeschichte und Gegenwart. Dabei kann es vorkommen, dass sich ein Werk zehn Jahre nach seiner Veröffentlichung verändert – nicht durch einen neuen Abdruck, sondern durch einen Eingriff aus dem eigenen Zentrum heraus. Der Text ist nicht rückwirkend korrigiert, sondern anders gegenwärtig. Die Vergangenheit wird nicht überschrieben, sie wird neu aktiviert.
Die Parallele zur Wirklichkeit liegt auf der Hand. Auch unser Universum wirkt wie ein Zustand in Bewegung, durchsetzt von Möglichkeiten, die nicht verwirklicht wurden, aber dennoch das Ganze mitprägen. Die Welt, in der wir leben, könnte selbst als ein Werk gelesen werden – nur unendlich höher skaliert. Ein System, das alternative Abschnitte enthält, ohne sie zu zeigen, das auf Ereignisse zuläuft, die aus keinem vorhergehenden Zustand eindeutig ableitbar sind. Die Welt als Lesefläche einer unsichtbaren Erzählung, die sich in Echtzeit überschreibt.
V: Lesercluster, Verschiebung und Interferenzzonen
Ein Werk existiert nicht unabhängig vom Blick, der es liest. Doch dieser Blick ist kein passives Medium. Er ist ein System aus Erwartungen, Vorwissen, Erfahrungen, Stimmungen und kulturellen Einbindungen, das wie ein Filter wirkt, um das Gesehene neu zu organisieren. Wenn ein Text gelesen wird, tritt er in ein Feld ein, das ihn verändert. Jede Lesebewegung aktiviert andere Abschnitte, betont andere Zusammenhänge, erzeugt andere Konfigurationen.
Die obliterative Theorie erweitert diesen Gedanken: Nicht nur der individuelle Leser erzeugt neue Textzustände, auch kollektive Leseformen, sogenannte Lesercluster, beeinflussen, welche Varianten aus der Peripherie hervortreten. Ein Werk, das jahrelang in einem kleinen Zirkel zirkuliert, erzeugt andere Dominanzen als ein Text, der massenhaft geteilt und kommentiert wird. Die Aggregatzustände des Werks reagieren auf solche Resonanzmuster durch eine Art inneres Nachgeben gegenüber den äußeren Zugriffen.
Diese Nachgiebigkeit bedeutet nicht Beliebigkeit. Sie folgt feinen Mechanismen, bei denen sich verborgene Passagen nicht auf beliebige Weise aktivieren lassen. Vielmehr hängt ihr Auftreten von Interferenzzonen ab – jenen Momenten, in denen mehrere Lesevorgänge aufeinanderstoßen, sich überlagern, sich widersprechen, sich gegenseitig stören oder befeuern. In diesen Zonen entstehen neue Sichtachsen, durch die einzelne Partien des Werks plötzlich ins Zentrum rücken, während andere verblassen oder verschwinden.
Ein Beispiel: Eine Passage, die über Jahre hinweg als nebensächlich galt, kann durch eine gesellschaftliche Verschiebung oder einen theoretischen Impuls plötzlich in den Mittelpunkt rücken. Sie war nicht unsichtbar, doch sie lag außerhalb des Hauptpfades der Rezeption. Erst wenn die Konstellation der Lesevorgänge einen neuen Verlauf nimmt, tritt diese Passage mit anderer Intensität hervor, als hätte der Text sich von selbst reorganisiert.
Manche Texte sind auf solche Interferenzen vorbereitet. Sie enthalten Abschnitte, die nur unter besonderen Voraussetzungen anschlussfähig werden. Diese Abschnitte müssen nicht kryptisch sein – oft sind sie fast beiläufig. Doch ihre Aktivierbarkeit hängt von äußeren Feldern ab, die der Autor nicht voraussehen kann. Der Text lebt auf eine Weise weiter, die nichts mit Interpretation im herkömmlichen Sinn zu tun hat. Er bewegt sich, er reagiert, er variiert sein Erscheinungsbild, ohne sich inhaltlich zu verändern.
Diese Fähigkeit des Texts zur Selbstmodifikation durch Lesevorgänge verweist auf eine Realität, in der auch das, was wir als Welt bezeichnen, nicht abgeschlossen ist. Wir erleben Ereignisse, als wären sie eindeutig, doch sie sind das Ergebnis unzähliger Überlagerungen, Lesarten, Zugriffsmuster. Die Welt ist kein Speicher, sie ist ein Prozess – offen für Interferenzen, offen für Korrekturen, offen für die Möglichkeit, dass sich etwas ändert, ohne dass etwas hinzugefügt wird.
VI: Periphere Instabilität und autoaktive Verschiebungen
Ein Text, der in sich selbst ruht, scheint abgeschlossen. Doch in Wahrheit ist dieser Zustand selten. Die meisten Werke befinden sich über weite Strecken ihrer Existenz in einem Zustand latenter Instabilität. Diese Instabilität äußert sich selten in offenen Widersprüchen oder plötzlichen Brüchen, weit öfter in einer Spannung zwischen dem Sichtbaren und dem noch Möglichen. Das Werk „weiß“, dass es anders sein könnte, das Andere ist Teil seiner Konstitution.
Die obliterative Theorie geht davon aus, dass Texte in der Lage sind, auf sich selbst zu reagieren. Das geschieht nicht willentlich, nicht geplant, nicht als bewusste Korrektur. Vielmehr setzt ein Prozess ein, in dem bestimmte Elemente – Formulierungen, Absätze, sogar ganze Passagen – ihre Stellung verändern oder verschwinden, weil andere Teile in eine neue Konfiguration übergehen. Diese Übergänge geschehen durch innere Dynamik.
Manche Texte tragen diese Möglichkeit in sich wie einen Keim. Sie enthalten Passagen, die durch ihre Tonlage, ihr Tempo oder ihre Themensetzung den Rest des Werks unter Druck setzen. Anfangs bleiben sie unauffällig. Doch mit der Zeit verschieben sich die Gewichtungen. Der Text beginnt, sich um andere Schwerpunkte zu organisieren. Frühere Dominanzen werden überblendet, neue Linien treten hervor. Es entsteht der Eindruck, das Werk habe sich verändert, obwohl kein Satz hinzugefügt wurde.
Diese Prozesse verlaufen oft unmerklich. Leser sprechen dann von „Reifung“, „zweiter Lektüre“ oder „neuer Perspektive“. Doch was tatsächlich geschieht, ist mehr als Rezeption. Der Text verlagert sich. Er nutzt seine peripheren Optionen, um frühere Konfigurationen zu überlagern. Dabei agiert er nicht mechanisch. Er tastet sich vor, prüft auf Anschluss, zieht sich zurück, bringt alternative Leseflächen ins Spiel, bis eine neue Fassung in Erscheinung tritt – nicht gedruckt, aber vorhanden.
Ein zentrales Phänomen in diesem Zusammenhang ist die latente Dislokation. Darunter versteht die Theorie jene Fälle, in denen eine Textstelle unauffällig in eine andere übergeht, ohne dass der Übergang bemerkt wird. Das geschieht durch Verschiebung des Schwerpunktfeldes. Die neue Passage war im peripheren Schattenraum des eigentlichen Textes immer schon vorhanden. Jetzt tritt sie hervor, weil sie aktiviert wurde oder sich selbst aktiviert hat.
Die Konsequenz dieser Überlegung ist tiefgreifend: Ein Werk ist nicht identisch mit der Menge seiner Wörter. Es ist ein raumzeitlicher Körper mit unscharfen Rändern, der sich in Abhängigkeit seiner eigenen internen Kräfte und der wechselnden Zugriffskonstellationen verändert. Das Gedächtnis des Lesers, das Weltwissen der Zeit, die Reibung mit anderen Diskursen – all das kann ausreichen, um eine neue Konfiguration hervorzurufen. Und diese Konfiguration ist nicht weniger gültig als die vorherige.
In der Praxis bedeutet das: Wer ein Werk liest, beeinflusst nicht nur sein Verständnis, er verändert das Werk selbst, indem er es anders aktiviert. Der Text reagiert, wie ein Resonanzkörper auf neue Töne reagiert. Er bleibt gleich, doch er klingt anders. Und in diesem Andersklingen liegt eine Wahrheit, die kein Druckfehler, kein Editor, keine Autorintention je kontrollieren kann.
VII: Autor – Text – Entität
Die obliterative Ontologie stellt nicht nur das Verhältnis von Text und Leser neu zur Debatte, sie fordert auch eine Revision des Autorkonzepts. Der Schreibende ist kein Souverän, der ein Werk aus einem inneren Reservoir erschafft. Er ist Teil eines Vorgangs, dessen Reichweite und Eigenlogik ihm im Moment der Formulierung nur in Ausschnitten zugänglich ist.
Der Autor beginnt einen Satz. Er denkt ihn nicht vollständig, er antizipiert ihn nicht. Er folgt ihm. Die Worte, die er wählt, eröffnen Wege, die er weder geplant hat noch kennt. Der Text, der dabei entsteht, ist nicht sein Produkt. Er ist das Ergebnis einer Kollision zwischen Weltzugriff, Wahrnehmung, Erfahrungsspannung und einem nicht klassifizierbaren Initiativmoment. Der Text „erschafft sich“ durch den Autor hindurch. Ich bin ein Filter. Wie der Text und ich zueinandergefunden haben, wissen wir wahrscheinlich beide nicht.
In diesem Licht verliert der Begriff „Text“ seine scheinbare Eindeutigkeit. Ein Text ist kein Gefüge aus Zeichen auf Papier oder Bildschirm. Er ist auch kein bloßer Akt des Bedeutens oder Referierens. Er ist eine Entität mit Eigenschaften, die sich nicht vollständig auf sprachliche Konventionen zurückführen lassen. Er reagiert, verändert sich, entwickelt Binnenlogiken, zieht Energien an, stößt Lesemuster ab. Er handelt.
Wer sagt, ein Text sei eine Reihung von Sätzen, verkennt, dass diese Sätze Teil eines Gebildes sind, das sich selbst nicht auf seine Oberfläche reduzieren lässt. Ich würde ja sogar anregen zu prüfen, ob es sich bei Fiktion um eine unbekannte Form von Lebensäquivalent handelt, wenn ich nicht wüsste, dass ich in der Nervenheilanstalt landen würde. Ich glaube auch nicht, dass ein Roman ein Organismus im biologischen Sinn ist, aber er ist auch kein totes Objekt. Er ist etwas Drittes. Eine Entität mit Formwillen, mit Auslagerungsfähigkeiten, mit temporaler Latenz.
Diese Hypothese verändert alles. Der Text wird vom Medium zum Korpus mit Eigenzeit. Was der Autor schreibt, ist nur der Auslöser einer Reaktion, die sich in Schüben vollzieht. Viele dieser Schübe ereignen sich nach der Niederschrift. Manche benötigen Jahre. Andere entfalten sich erst, wenn neue Leser in neue Weltverhältnisse treten. Und manchmal geschieht etwas, das wir mit den vorhandenen Begriffen nicht mehr beschreiben können: Der Text verändert sich im Realitätskontakt.
Ein solcher Vorgang könnte aus jetziger Sicht nur verstanden werden, wenn wir davon ausgehen, dass Texte – oder jedenfalls manche Texte – nichtlokale Eigenschaften besitzen. Sie liegen nicht vollständig in dem Medium, das sie trägt. Sie sind nicht vollständig dort, wo man sie liest. Sie existieren als Feld, nicht als Datei. Und der Autor? Er ist der erste Zeuge. Ein transduktiver Agent. Jemand, der etwas schreibt, das ihn übersteigt, und von dem er dennoch weiß, dass es ohne ihn nicht entstehen könnte. Doch was entsteht, ist mehr als ein Werk. Es ist ein Zustand.
Fiktionale Texte im Sinn der obliterativen Ontologie sind keine Objekte. Sie sind nicht abschließbar, nicht eindeutig, nicht ruhend. Sie verhalten sich wie komplexe Systeme. Vielleicht sind sie genau das. Vielleicht ist es Zeit, sie als solche zu behandeln – mit aller Radikalität, die dieser Schritt verlangt.
VIII: Das Universum als Textkörper
Die obliterative Ontologie führt nicht zwangsläufig zur metaphysischen Spekulation, aber sie lässt sie zu. In ihrer maximalen Ausdehnung ergibt sich ein Modell, in dem das Universum selbst als Textkörper von unendlicher Dichte erscheint, gefügt in Wechselwirkungen. Ein endloser, aber periphere Aktivierbarkeit zeigender Träger, der in jeder Subzone die Anlage zu Wirklichkeitsbildung in sich trägt.
Was als „Realität“ erscheint, ist aus dieser Perspektive eine lokale Emergenzform innerhalb eines übergeordneten Textkörpers, vergleichbar mit einem Cluster aus sich temporär stabilisierenden Bedeutungskernen. Diese Kerne resultieren aus Rückkopplungen zwischen Wahrnehmung, Reaktion und impliziten Möglichkeitsmustern. Sie schieben sich ins Sichtbare, ohne notwendig dort zu bleiben.
Die Welt als Ganzes ist ein Palimpsest, ein gewaltiges, in Zyklen rotierendes Gefüge aus Suprazyklen, interferierenden Feldern und inkohärenten Einschüben. Jeder Einschub ist ein Nebensatz, der nie gelesen wurde, jeder Suprazyklus ein Langsatz, dessen Ende noch nicht erreicht ist.
In dieser Konzeption hat Kausalität ihren linearen Charakter abgelegt und zeigt sich als ein Wabern. Nichts folgt auf etwas. Alles ist bereits da, aber nicht überall aktiviert. Der Kosmos ist nicht vollständig aktualisiert, er zeigt nur eine partielle Oberfläche. Diese Oberfläche ist das, was wir Realität nennen. Der Rest bleibt in Reserve. Jede Wahrnehmung, jede Beobachtung, jede Formulierung kann als Aktivierung im Sinne einer kurzfristigen Freilegung gelesen werden. Der Textkörper enthält unendlich viele Absätze, doch nur wenige sind gleichzeitig lesbar. Sie treten hervor, weil bestimmte Bedingungen erfüllt sind – oft durch eine Konvergenz aus Zeitfenster, kognitiver Reife, Resonanzfeld und einer Art globaler Lesbarkeitsspannung, deren Wesen bislang ungeklärt ist.
Was wir Leben nennen, wäre in dieser Lesart ein Zustand maximaler Involviertheit in einen winzigen Bereich des Textkörpers. Was wir Tod nennen, ein Übergang in andere Lesemodi. Was wir Intuition nennen, ein kurzes Aufleuchten einer Passage, die noch nicht gelesen wurde – oder längst gelöscht, die aber aus ihrer Löschung noch Wirkung zieht.
Texte, wie wir sie schreiben, lesen, löschen, wären dann Nachbildungen dieses kosmischen Modells. Jedes literarische Werk wäre eine Minimalkopie eines unendlichen Textkörpers, an dem es sich unbewusst orientiert. Manche Romane bleiben flach, sie imitieren nur. Andere, wenige, treten mit diesem Modell in Resonanz. Sie enthalten Absätze, die nicht aus der Psyche des Autors stammen können. Er konnte sie schreiben, weil er Teil eines größeren Lesevorgangs war.
Die obliterative Ontologie kann keine Aussagen über das ganze Universum machen. Doch sie erlaubt die Umkehrung eines erkenntnistheoretischen Prinzips: Wenn Texte sich verhalten wie lebendige Felder mit peripheren Aktivierungszonen, spricht nichts dagegen, das Universum selbst als solchen Text zu fassen. Ein Text ist nicht weniger real als das, was er beschreibt. Er ist eine Form des Weltkontakts – offen, instabil, aber wirksam. Wer ihn liest, berührt einen Abschnitt des größeren Textkörpers, zu dem er immer schon gehört.
(Translation of the original German text)
Introduction to the Theory of Palimpsestic Clusters and Text-Internal Supracycles
© Thomas Glavinic 2017 - 2022
I: The Unstable Text Body
A literary work does not consist solely of the sentences written down by the author. It is rather surrounded by an invisible periphery composed of alternative formulations, omitted passages, and potential sections which, under certain conditions, may penetrate the work. These subtextual units possess their own status within the totality of the work; they are options within an unstable textual body.
What we read is a snapshot within a dynamic, high-dimensional configuration. Every text, whether fragmentary or complete, operates within an interstitial domain that we designate as a palimpsestic cluster. In such clusters, versions, formulations, and non-manifest options overlap without entering into competition. They constitute ontological strata which may enter into relation with one another under specific reading conditions.
In conventional reception, the text is treated as an object. We, however, regard it as a state within a higher-order cycle. Drawing on topological models, we understand these cycles as supracycles - vast orbits within the possibility space of a work, in which individual clusters may become active, undergo modification, or be obliterated, whereby obliteration denotes a temporary invisibility within the system. The theory derives its name from precisely this mechanism: obliteration refers to the reversible suppression in favor of another unit of manifestation.
The theory raises a series of ontological questions:
• Does the author see the periphery? No.
• Does he write it without knowing? Yes - and no. He generates it by writing, yet without access to its internal organization.
• Is it random or determined? Neither. It is modal: it unfolds from the textual substance as a consequence of its internal connectivity.
Everything we touch, see, invent, or conceive is surrounded by an invisible periphery. This applies not only to texts but also to objects, events, and concepts. And it applies to ourselves as well.
If literary works can be described as dynamic fields of manifest text and non-manifest potential, then reality itself may likewise be understood as a textual structure - only scaled into infinite complexity. In this sense, our reality would be a novel whose sections shift, are obliterated, or reformatted without its readers - we - becoming directly aware of it.
Obliterative Textontology is thus more than a literary theory. It offers a model for a reality in which every thing, every event, and every thought carries a recursive zone of possible modifications. This zone is neither arbitrary nor hermetically sealed; it is active, selective, contingent. What appears to be “true” today may tomorrow reveal itself as an alternative passage within a larger text.
II: Textual Displacement, Coherence Rupture, Emergence
On the Mechanisms of Temporal Obliteration and Their Reversal within the Reading Flow
The divergent opinions as to whether a novel is “good” or “bad” have for centuries given rise to bitter debates. Obliterative Textontology puts an end to this quarrel by granting the text the opportunity to reveal its own nature. A text that contents itself with itself remains static. A text that exists in a state of permanent readiness for transformation gives rise to a new form of reading movement.
The classical notion of reading as linear progression through a fixed corpus of words no longer applies here. Instead, we encounter a field of partial instability in which sections shift, dissolve, or become overlaid by variants without leaving a visible trace.
This form of obliteration constitutes a temporary suppression, not an erasure. What does not appear remains nonetheless present - as a latent offering, a repressed access point, an invisible alternative. The reader believes himself to be moving through a stable text, but in truth he is situated within a space of possibility that may already have undergone multiple reconfigurations since the moment of its initial inscription.
In works of trivial literature, one often encounters passages where narrative coherence momentarily collapses - for example, where a character possesses knowledge that has not been conveyed to them, where an event occurs in a location that had not previously been introduced, or where shifts in perspective occur without being marked. Such ruptures are usually regarded as technical failures on the part of inexperienced authors. Yet when one is dealing with a “good” novel, they are the expression of a deeper dynamic: the text is struggling with its invisible surroundings. A repressed variant forces itself to the surface and produces a minimal irritation whose origin cannot be clearly identified.
It is precisely in such moments that emergent effects arise. The work reveals itself to be unfinished, part of a larger system whose rules are not fully disclosed. Reception thus becomes a dialectical process between the visible and the repressed, between the established word and its potential revision.
Obliterative Textontology assumes that it is precisely in those moments - when something is missing, excessive, or misaligned - that the actual reality of the text flashes into appearance. These are the threshold points at which the contact with the external space intensifies. It is not closure of meaning that renders a text real, but the opening through which other states may enter.
III: Textontology as a Model of Cosmic Complexity
Whoever takes Obliterative Textontology seriously inevitably arrives at the question of the status of our reality. For if a literary work does not consist solely of its visible components, but is accompanied by a swarm of invisible alternatives, the idea imposes itself that the world itself might likewise be such a body - a reality-novel whose text never ceases to fold, overlap, and overwrite itself.
Within this model, the universe appears as a medium of openness, never concluded. Every object, every event, every observation is accompanied by an incalculable network of possible versions, whose realization is governed by state conditions that elude access. The world would then be a palimpsestic continuum, an endlessly transforming manuscript in which each page belongs to a supracycle whose total form lies beyond the reach of human cognition.
A work that approaches this principle thereby also approaches the world itself. It refuses the idea of fixation and opens itself to superimposition, omission, recurrence. Texts of this kind are living aggregates in which presence and possibility cancel each other out.
IV: Supracycles, Periphery, and Text as World-Model
A literary work is not an object in space, not a completed document with a clear form, not a “story”; it is a state in motion. What appears as text is merely the visible unfolding of a far more expansive apparatus, whose actual dimensions lie beyond the printed version. This apparatus consists of palimpsestic clusters, of latent variants, submerged passages, and never-activated formulations which nonetheless belong to the work - as possibility, as echo, as invisible precondition of what is read.
This invisible periphery circulates around the work in shifting states of aggregation. At times it appears as a subtle irritation, at times as an abrupt displacement, occasionally even as a moment in which a sentence or an entire paragraph appears anew without this being conventionally explicable (for instance, through a revised edition).
We could content ourselves with the hypothesis that what changes is merely the configuration of the text within the mental space of the reader, and not the text itself, since that is the more convenient interpretation. Or we may allow for the possibility that the work possesses an access to its own appearance.
Obliterative theory assumes that these movements are not mere side effects but central components of a textual conception that no longer orients itself around final versions. The text is not a finished product but a fluctuating system of visibility, a living process between invocation and retraction, between appearance and withdrawal. The so-called supracycles describe precisely this process: a continuous circulation through possible textual configurations, in which individual formations assert themselves for a moment before being reabsorbed by the periphery.
Such cycles follow no external intention. They emerge from internal densification, from the relationship between sentence-fields and the movement of reading, between reading history and present moment. It may occur that a work changes ten years after its publication - not through a reprint, but through an intervention from its own center. The text is not retrospectively corrected; it is present in a different way. The past is not overwritten - it is reactivated.
The parallel to reality is self-evident. Our universe, too, appears as a state in motion, interwoven with possibilities that were never realized but nevertheless co-structure the whole. The world in which we live might itself be read as a work - only scaled into infinite magnitude. A system that contains alternative sections without revealing them, that moves toward events which cannot be unambiguously derived from any preceding state. The world as the reading-surface of an invisible narrative that overwrites itself in real time.
V: Reader Clusters, Displacement, and Interference Zones
A work does not exist independently of the gaze that reads it. Yet this gaze is not a passive medium. It is a system of expectations, prior knowledge, experiences, moods, and cultural embeddings that functions as a filter to reorganize what is seen. When a text is read, it enters a field that transforms it. Every act of reading activates different segments, emphasizes different relations, generates different configurations.
Obliterative theory extends this notion: it is not only the individual reader who generates new textual states, but also collective reading formations - so-called reader clusters - which influence which variants emerge from the periphery. A work that circulates for years within a small circle generates different dominances than a text that is widely shared and commented upon. The aggregation states of the work respond to such resonance patterns by means of a kind of internal yielding to external accesses.
This yielding does not imply arbitrariness. It follows fine-tuned mechanisms whereby concealed passages cannot be activated at will. Their emergence depends on interference zones - those moments in which multiple reading operations collide, overlap, contradict, disturb, or amplify one another. Within these zones, new axes of visibility arise, through which certain parts of the work suddenly move into the center while others fade or disappear.
An example: a passage long regarded as peripheral can, through a societal shift or a theoretical impulse, suddenly move into focus. It was not invisible, but it lay outside the main path of reception. Only when the constellation of reading operations shifts does this passage emerge with a new intensity, as though the text had reorganized itself.
Some texts are prepared for such interferences. They contain sections that become accessible only under particular conditions. These sections need not be cryptic - often they are almost incidental. Yet their activatability depends on external fields that the author cannot anticipate. The text continues in a manner that has nothing to do with interpretation in the conventional sense. It moves, it responds, it varies its appearance without changing its content.
This capacity of the text for self-modification through reading operations points to a reality in which that which we call the world is likewise not closed. We experience events as though they were unambiguous, but they are the result of countless overlays, readings, access patterns. The world is not a storage medium; it is a process - open to interferences, open to corrections, open to the possibility that something may change without anything being added.
VI: Peripheral Instability and Autoactive Shifts
A text that appears to rest within itself seems complete. Yet in truth, this condition is rare. Most works, for the greater part of their existence, inhabit a state of latent instability. This instability rarely expresses itself in overt contradictions or sudden ruptures; far more frequently, it manifests as a tension between the visible and the still possible. The work “knows” that it could be otherwise - the other is part of its constitution.
Obliterative theory assumes that texts are capable of responding to themselves. This does not occur volitionally, not as a planned or conscious correction. Rather, a process unfolds in which certain elements - formulations, paragraphs, even entire passages - change their position or disappear because other parts transition into a new configuration. These transitions result from internal dynamics.
Some texts carry this possibility within them like a germ. They contain passages whose tone, tempo, or thematic focus exerts pressure on the rest of the work. Initially, such passages remain inconspicuous. But over time, the internal weightings shift. The text begins to reorganize itself around different focal points. Earlier dominances are overlaid; new lines emerge. The impression arises that the work has changed, even though not a single sentence has been added.
These processes often proceed imperceptibly. Readers then speak of “maturation,” a “second reading,” or a “new perspective.” But what actually occurs is more than reception. The text displaces itself. It draws upon its peripheral options to superimpose earlier configurations. In doing so, it does not act mechanically. It feels its way forward, tests for compatibility, withdraws, introduces alternative reading-surfaces, until a new version comes into view - not printed, but present.
A central phenomenon in this context is latent dislocation. The theory understands this as those instances in which a textual segment unobtrusively transitions into another without the transition being noticed. This occurs through a shift in the field of emphasis. The new passage had always been present in the peripheral shadow-space of the actual text. Now it emerges - either because it has been activated or because it has activated itself.
The consequence of this insight is profound: a work is not identical with the sum of its words. It is a spatiotemporal body with blurred edges, one that transforms in accordance with its own internal forces and the shifting configurations of access. The memory of the reader, the prevailing world-knowledge, the friction with other discourses - all of these may suffice to call forth a new configuration. And this configuration is no less valid than the preceding one.
In practice, this means: whoever reads a work does not merely influence its interpretation; they alter the work itself by activating it differently. The text responds - like a resonant body responds to new tones. It remains the same, yet it sounds different. And within this altered resonance lies a truth that no misprint, no editor, no authorial intention can ever govern.
VII: Author – Text – Entity
Obliterative ontology not only redefines the relation between text and reader; it also calls for a revision of the concept of authorship. The writer is not a sovereign who creates a work from an inner reservoir. He is part of a process whose scope and intrinsic logic are accessible to him only in fragments at the moment of formulation.
The author begins a sentence. He does not fully think it in advance; he does not anticipate it. He follows it. The words he chooses open pathways he neither planned nor knows. The text that emerges is not his product. It is the result of a collision between access to world, perception, experiential tension, and a non-classifiable moment of initiation. The text “creates itself” through the author. I am a filter. How the text and I found one another, neither of us likely knows.
In this light, the notion of “text” loses its apparent unambiguity. A text is not a structure of signs on paper or screen. It is also not merely an act of meaning or reference. It is an entity with properties that cannot be fully reduced to linguistic convention. It reacts, it changes, it develops internal logics, attracts energies, repels reading patterns. It acts.
Whoever claims that a text is merely a sequence of sentences fails to recognize that these sentences are part of a formation that cannot be reduced to its surface. I would even suggest examining whether fiction constitutes an as-yet-unknown form of life-equivalent - were it not for the likelihood that such a suggestion would land me in a psychiatric institution. I do not believe that a novel is an organism in the biological sense, but neither is it a dead object. It is something third. An entity endowed with a will to form, with capacities for externalization, with temporal latency.
This hypothesis alters everything. The text ceases to be a medium and becomes a corpus with its own temporality. What the author writes is merely the trigger of a reaction that unfolds in waves. Many of these waves occur after the act of writing. Some require years. Others unfold only when new readers enter new relations to the world. And sometimes something occurs that can no longer be described with existing concepts: the text changes upon contact with reality.
Such a process could, from the present perspective, only be understood by assuming that texts - or at least certain texts - possess nonlocal properties. They do not exist entirely within the medium that carries them. They are not fully situated where they are read. They exist as a field, not as a file.
And the author? He is the first witness. A transductive agent. Someone who writes something that exceeds him and yet knows that without him, it could not come into being. But what comes into being is more than a work. It is a state.
Fictional texts in the sense of obliterative ontology are not objects. They are not finalizable, not unambiguous, not at rest. They behave like complex systems. Perhaps they are precisely that. Perhaps it is time to treat them accordingly - with all the radicality that this step demands.
VIII: The Universe as Textual Body
Obliterative ontology does not necessarily lead to metaphysical speculation, but it allows for it. In its maximal extension, it yields a model in which the universe itself appears as a textual body of infinite density, configured in reciprocal interactions - a boundless carrier that nonetheless displays peripheral activatability, bearing within each subzone the potential for the formation of reality.
What appears as “reality,” from this perspective, is a local form of emergence within a higher-order textual body, comparable to a cluster composed of temporarily stabilizing cores of meaning. These cores result from feedback loops between perception, reaction, and implicit patterns of possibility. They push into visibility, without necessarily remaining there.
The world as a whole is a palimpsest - a vast structure rotating in cycles, composed of supracycles, interfering fields, and incoherent insertions. Every insertion is a subordinate clause that has never been read; every supracycle a long sentence whose end has not yet been reached.
Within this conception, causality has shed its linear character and manifests as a kind of shimmering. Nothing follows from anything. Everything is already present, though not everywhere activated. The cosmos is not fully actualized; it shows only a partial surface. This surface is what we call reality. The remainder stays in reserve.
Every perception, every observation, every formulation can be read as an activation in the sense of a temporary unveiling. The textual body contains infinitely many paragraphs, yet only a few are legible at any one time. They emerge because certain conditions are met - often through a convergence of temporal window, cognitive maturity, resonance field, and a kind of global tension of legibility, the nature of which remains as yet unresolved.
What we call life, in this reading, would be a state of maximal involvement in a tiny region of the textual body. What we call death, a transition into other modes of reading. What we call intuition, a brief illumination of a passage not yet read - or long since deleted, yet still drawing effect from its deletion.
Texts, as we write, read, and delete them, would thus be replications of this cosmic model. Every literary work would be a minimal copy of an infinite textual body, to which it unconsciously refers. Some novels remain flat; they merely imitate. Others - few - enter into resonance with this model. They contain passages that could not have originated in the author’s psyche. He was able to write them because he was part of a larger reading process.
Obliterative ontology can make no claim about the universe as a whole. But it permits the inversion of an epistemological principle: if texts behave like living fields with peripheral zones of activation, there is no reason not to conceive the universe itself as such a text. A text is no less real than what it describes. It is a form of world-contact - open, unstable, yet effective. Whoever reads it touches a section of the greater textual body to which they have always already belonged.
Back to Theory